GameStop, AMC, Blackberry: An den Börsen haben Anleger zuletzt auf einige recht heiße Wetten gesetzt. Dr. Lars Edler über den Erfolg kurzfristiger Momentum-Strategien, Trends an den Märkten – und die Börsenweisheit „Hin und Her macht Taschen leer.“

Herr Dr. Edler, Privatanleger haben die Aktienkurse einiger kleiner Unternehmen zuletzt zeitweise kräftig in die Höhe getrieben. Kann man mit solchen Trades an den Kapitalmärkten langfristig gewinnen?

(lacht) Das hängt entscheidend davon ab, zu welchen Kursen man ein- und aussteigt. Aber Spaß beiseite: Viele Daytrading-Systeme berufen sich auf den Erfolg kurzfristiger Momentum-Strategien. Grund sind die unterliegenden Daten, auf deren Basis man versucht, Entscheidungen abzuleiten. Relevante Unternehmensdaten aus den Bilanzen werden nicht jeden Tag neu publiziert. Hier wird also in einer fast reinen Form die „Efficient Market Hypothesis“ investiert,

…nach der alle relevanten Informationen in Echtzeit im Preis verarbeitet sind.

Diese Hypothese hält in der Praxis und der Empirie jedoch wegen offenbaren Marktanomalien, die in der Regel Resultat von in der Verhaltensökonomik beschriebenen Phänomenen sind, nicht stand. Es ist durchaus sinnvoll, die Bilanzdaten eines Unternehmens zu untersuchen und sich ein Bild über einen möglichen Pfad des Unternehmens in der Zukunft zu machen. Oft führen Entscheidungen, die auf diese Art getroffen werden, zu positiven Ergebnissen, wie am prominenten Beispiel Warren Buffett gut zu beobachten ist.

Der nun nicht gerade als Daytrader bekannt geworden ist.

Genau. Dass Favoriten an der Börse wechseln, ist kein Geheimnis. Mal ist das kurzfristig der Fall – wie beim Thema Corona-Impfstoff. Mal langfristig: Auf wenig schwankende Aktien zu setzen, war bei einer relativen Betrachtung der Faktoren 2016 wenig attraktiv. Zwei Jahre später war „Minimum Volatility“ einer der attraktivsten Faktoren. Die Veränderungen von Märkten verlaufen oft in langen Zyklen, die Märkte häufig für Jahre beeinflussen.

Wie erkennen Investoren einen solchen Trendwechsel?

Es ist in der Regel sehr schwierig für einen Investoren, einen „großen“ Trendwechsel zu timen. Die Kunst liegt vielmehr darin, einen nachhaltigen Wechsel zu erkennen und dann das Aktienportfolio so auszurichten, dass es ein erhöhtes Exposure zu den gewünschten Faktoren zeigt.

Was sollten Anleger noch beachten?

Diversifikation ist für das Risikomanagement unverzichtbar. Selbst wenn ein Trend richtig erkannt wurde, kann es kurzfristig immer wieder zu einer Abkehr des Marktes von diesem Faktor kommen. Daher sollte das Portfolio ausgewogen konstruiert sein. Ein bewusst implementierter Bias sollte eher als (semi-)strategische Entscheidung verstanden werden, so dass hier nicht fortlaufend Korrekturen vorgenommen werden müssen.

Dann macht das Hin und Her bei kurzfristigen Trades – wie es die bekannte Börsenweisheit sagt – doch eher die Taschen leer?

Das Anlageergebnis hängt natürlich auch von den Kosten ab, die im Vergleich zu vor einigen Jahren oder Jahrzehnten sicherlich zurückgekommen sind. Sowohl private als auch institutionelle Anleger sollten aber dennoch darauf achten, wie hoch die effektiven Transaktionskosten sind. Viele Kostenarten sind auf den ersten Blick sichtbar. Natürlich sind auch diese wichtig: Kosten für den Broker, Settlement-Gebühren und gegebenenfalls Transaktionssteuern.

Welche Kosten sind denn unsichtbar?*

Zu den genannten kommen implizite Kosten, die Anleger auf den ersten Blick nicht sehen, und die weitaus höher sein können. Dazu zählt etwa die Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten Kaufpreis und dem theoretischen Marktwert. Je weniger liquide der Markt, desto höher können diese impliziten Kosten ausfallen. Anleger sollten daher insbesondere bei Aktien, bei denen sie einen größeren Anteil des täglichen Handelsvolumens halten, vorsichtig bei Veränderungen sein und sich im Vorfeld umfassend informieren.

Das kann bei den genannten Pennystocks durchaus der Fall sein…

Richtig. Wichtiger als die Kosten kann in diesem Zusammenhang aber die Frage sein, ob ein zu schnelles Rein und Raus bei Aktien nicht zu einer unnötigen Realisierung von Verlusten oder dem Verpassen von Gewinnen führt. Hier spielen oft Aspekte der Verhaltensökonomik eine Rolle, die unter Rendite-Gesichtspunkten nicht außer Acht gelassen werden sollten.

Wie oft sollten Anleger ihr Depot überprüfen?

Das hängt zumindest von den Faktoren Investmentstil, erwartete Rendite, Kostensensitivität und – für Privatanleger ganz wichtig – die für die Steuerung des eigenen Portfolios verfügbare Zeit ab. Private und institutionelle Anleger sollten daher regelmäßig ihre Anlagestrategie analysieren und prüfen, ob sie noch ihren Risiko- und Ertragszielen entspricht.

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Dr. Lars Edler
Geschäftsführer, CIO
HQ Asset Management
Dr. Lars Edler ist Geschäftsführer und CIO von HQ Asset Management (HQAM) in Düsseldorf. Der promovierte Volkswirt ist Spezialist für quantitative Verfahren im Asset Management und verfügt über langjährige Erfahrung bei der aktiven Steuerung großer Vermögen institutioneller Investoren sowie wohlhabender Privatkunden.
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