Bei Faktor-Investments gibt es große Unterschiede. Christian Maschner sagt, worauf Investoren achten sollten: Der Executive Partner von HQAM über Smart-Beta-Strategien, Forschungsergebnisse und Kochrezepte.

Herr Maschner, Faktor-Investments werden bei Anlegern immer beliebter …

Sorry, da muss ich gleich einhaken. Bei Faktor-Investments gibt es große Unterschiede. Es gibt in diesem Bereich keinen Standard, sondern einen Wildwuchs der Definitionen. Und vieles von dem, was wir am Markt sehen, ist nicht besonders gut gemacht.

Was stört Sie denn besonders?

Viele am Markt erhältliche Faktorstrategien machen es sich zu einfach, wenn es darum geht, attraktive von weniger attraktiven Aktien zu unterschieden. Dafür gibt es verschiedene Gründe – vor allem ist der Instrumentenkasten, aus denen sich die sogenannten Smart-Beta-Strategien bedienen, zu stark eingeschränkt.

Was heißt das konkret? Sie verwenden nur wenige Kennzahlen?

Zum Teil wird sogar nur eine Kennzahl genommen, um den Faktor zu konstruieren. Bei Value kann das beispielsweise das Preis-Buchwert-Verhältnis sein. Andere Anbieter setzen auf drei Kennzahlen, um den jeweiligen Faktor zu bauen. Es gibt aber eine Vielzahl von Kennzahlen, die sie verwenden könnten.

Wie wählen die Anbieter ihre Kennzahlen aus?

Das Hauptkriterium ist: Hätte das Produkt mit den ausgewählten ein bis drei Kennzahlen in der Vergangenheit funktioniert? Trifft das zu, werden Produkte aufgelegt. Es gibt aber keine Kontrollen dieses „Kochrezepts“.

Es wird nach einiger Zeit nicht überprüft, ob es noch richtig ist, diese Kennzahlen zu verwenden?

Nein – und das hat Auswirkungen auf die Performance. Dazu gibt es tolle Veröffentlichungen. Im Jahr 2020 beispielsweise haben sich drei Forscher aus den USA und Hong Kong solche Strategien angeschaut. Am Ende zeigen sie, dass diese zwar in der Rückrechnung gut funktioniert haben, nach vorne aber nicht mehr.1

Das heißt, Sie sind kein großer Fan von Smart-Beta-Produkten?

Nein. Und dafür gibt es noch einen zweiten Grund: Die Strategien unterstellen in aller Regel einen sehr simplifizierenden Zusammenhang zwischen einer Kennzahl und der Rendite einer Aktie. Das kann dann so aussehen: Wenn ich ein niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis habe, handelt es sich um eine günstige Aktie – und die erwartete Rendite ist höher als bei einer teureren Aktie.

Im Mittel könnte das doch zutreffen …

Das Problem ist, dass es eine ganze Reihe von Kennzahlen gibt, die einen so einfachen Zusammenhang nicht hergeben, aber trotzdem informationshaltig sind. Beispiel Verschuldungsgrad: Ist er hoch, könnte dies darauf hindeuten, dass das Unternehmen Probleme mit der Liquidität hat und am Ende Bankrott geht. Ist ein Unternehmen mit niedrigem Verschuldungsgrad besser? Nicht unbedingt. Das könnte mit der Hinzunahme von Fremdkapital seine Kapitalkosten senken. Bei dieser Kennzahl wäre also die Mitte gut – aber das können Smart-Beta-Strategien nicht abgreifen.

Wie umgeht HQ Asset Management diese Problematik?

Wir versuchen die „Faktorendenke“ zu verlassen. Man sollte sich alle verfügbaren Informationen und Kennzahlen anschauen und nicht nur drei – und das sollte man nicht in aller Ruhe nacheinander tun, sondern gleichzeitig. Und dann muss man die richtigen Schlüsse daraus ziehen und die Perspektiven für das Unternehmen ableiten. Das ist der Ansatz, den wir mit Strategien aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz umsetzen. Wir haben also keinen Datenvorteil, wir entlocken den Daten nur mehr Informationen und die setzen wir zielgerichtet um, ohne blind einem vorher definierten Kochrezept zu folgen.

Können Investoren daran teilhaben?

Wir setzen unseren Ansatz in einem Fonds um, dem HQAM European Equities. Dieser Fonds beschränkt sich nicht auf die simple Analyse von Kennzahlen. Und er gibt auch eine Antwort auf die Frage, wie ich die verschiedenen Risikoprämien miteinander kombiniere – denn auch hier gibt es keine einfachen Zusammenhänge, die immer gültig sind.

Dann gibt es keine Chance Faktorstrategien auf einfache Art und Weise zu timen?

Einige Asset Manager versuchen, ein solches Faktor Timing zu betreiben. Aber das ist schwierig. Es genügt einfach nicht, immer die Strategien zu kaufen, die zuletzt gut gelaufen sind. Zudem sind die ausgewählten Risikofaktoren oft nicht gut genug: Wenn man drei schlechte Strategien miteinander kombiniert, kommt keine gute dabei heraus.

Fußnote

1 Huang, Song, Xiang „The Smart Beta Mirage“, Working Paper (2020)

Zum Autor

Christian Maschner, CFA, arbeitet bei HQAM im Bereich Research, wo er sich vor allem mit der Entwicklung und Programmierung von Allokations- und Selektionsstrategien befasst. Der Diplom Kaufmann verfügt über Erfahrung als Portfoliomanager und quantitativer Researcher. Christian Maschner wirkte zudem beim Management von Risiko- (CPPI) und Chancen-Overlays (GTAA) im Rahmen von Spezialfonds mit.

Zu HQ Asset Management (HQAM)

HQAM gehört zu der Finanzdienstleistergruppe der Familie Harald Quandt. Das Unternehmen bietet einen klaren Fokus auf quantitatives Asset Management für institutionelle und semi-institutionelle Anleger. Wir generieren unser Alpha mit komplexen Algorithmen und optimieren unsere Portfolios mit neuester Technologie. Risikobewusst und nachvollziehbar – Asset Management auf dem neuesten Stand der Technologie.

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Christian Maschner
Executive Partner
HQ Asset Management
Christian Maschner, CFA, arbeitet bei HQAM im Bereich Research, wo er sich vor allem mit der Entwicklung und Programmierung von Allokations- und Selektionsstrategien befasst. Der Diplom Kaufmann verfügt über Erfahrung als Portfoliomanager und quantitativer Researcher. Christian Maschner wirkte zudem beim Management von Risiko- (CPPI) und Chancen-Overlays (GTAA) im Rahmen von Spezialfonds mit.